Ich sitze gerade in meiner „Frühstückstaverne“ und sende den Tagebucheintrag von gestern Abend:
Heute bin ich mit der Fähre von Chora Sfakion nach Gavdos gefahren. Seit Jahren wünsche ich mir, auf diese kleine Insel zu kommen, aber mit der spärlichen Urlaubszeit ist bisher nichts daraus geworden. Das Schiff fährt nur, wenn das Wetter passt. Es kann jederzeit passieren, dass mal eine Woche lang keine Verbindung nach Kreta möglich ist. Das war mir dann immer zu riskant. Aber jetzt bin ich da, auf der geografisch südlichsten Insel Europas! Hurra!! 🙂
Zum Abschied noch ein Herz für Kreta „gemalt“ und dann ging es los mit der „Daskalogiannis“ über Loutro und Agia Roumeli zur kleinen Insel Gavdos.
In Agia Roumeli leerte sich die Fähre. Außer mir blieben nur noch ein paar junge Griechen an Bord. Der Westwind blies kräftig und die Fähre wackelte ziemlich langsam über das Meer.
Ich hatte schon von Kreta aus ein Zimmer online reserviert. Gavdos ist ein Paradies für Strandschläfer, aber mit meinem sehr dünnen Sommerschlafsack wollte ich noch nicht draußen schlafen. In Karave, dem Hafen von Gavdos, wurde ich von Nikos bereits erwartet. Nikos ist ein Freund meines Vermieters, der spontan nach Athen musste. Er holte mich mit einem Minibus ab, den er fast randvoll mit Sachen aus der Fähre befüllte. Jede Menge Lebensmittel, viele Wasserflaschen, Postpakete und diverse Alltagsgegenstände. Alles muss aus Kreta angeliefert werden. Mit dem vollbepackten Minibus fuhren wir dann nach Sarakiniko zu meinem Zimmer. Nikos spricht kein Wort Englisch und ich kam leider schnell an die Grenzen meiner Griechischkenntnisse. Das Haus, in dem ich jetzt wohne, liegt oberhalb von Sarakiniko mit wunderschönem Blick auf die Bucht. Zwei Leute waren gerade damit beschäftigt, mein Zimmer zu putzen. Die anderen drei Studios werden zurzeit renoviert, es liegt allerlei Werkzeug und Material herum. Die beiden sprechen ebenfalls nur Griechisch. Sie erklärten mir, dass der Herd nicht funktioniert und brachten mir einen kleinen, alten Campingkocher. Ich bekam auch eine Taschenlampe, falls ich einmal später heimkommen sollte, weil es hier kein Umgebungslicht gibt, oder falls in der Nacht der Strom ausfällt. Ich habe Zimmer mit Frühstück gebucht. Zum Frühstücken darf ich morgen zu einer etwas oberhalb gelegenen Taverne kommen, die zwar noch nicht offen hat, aber es wird für mich Frühstück gemacht. Dort soll es auch WIFI geben. Danach waren die beiden verschwunden und ich machte mich auf den Weg zum „Dorf“ Sarakiniko. Im Internet steht über Sarakiniko, dass es hier etliche Tavernen und einen Minimarkt gibt und dass der Ort in der Hochsaison mit zahllosen Strandschläfern ziemlich überfüllt ist. Aber jetzt Anfang Mai ist es hier gespenstisch leer und ruhig. Ein „Wohnbaum“ ist schon belegt. Ansonsten sehe ich erstmal nur geschlossene Tavernen und keine Menschenseele weit und breit. Es ist traumhaft schön hier, nur habe ich dummerweise aus Kreta nichts zu essen und zu trinken mitgebracht. Ich hatte mit etwas Infrastruktur hier gerechnet. Endlich sah ich einen Mann, der gerade seine Taverne renovierte. Überaus freundlich und geduldig erklärte er mir auf Griechisch, wo ich die einzige offene Taverne finden konnte. Er schenkte mir noch eine Inselkarte und erklärte mir die Wanderwege. So ein netter Mensch! Auch die Frau in der einzigen offenen Taverne war äußerst hilfsbereit und freundlich. Ich war der einzige Gast und genoss die wunderbare, liebenswerte Atmosphäre dieses Platzes.
Es gibt zwei Minimärkte auf der Insel, einen im Hafen und einen hier in Sarakiniko. Er sollte um 17:30 aufsperren. Die Zeit bis dahin verbrachte ich damit, mir die wunderschöne Umgebung ein bisschen anzuschauen. So viele schöne „Wohnbäume“ und so eine bezaubernde Natur!
Die Ortstafel versteckt sich hinter Oleanderblüten.
Um 17:30 sperrte gar nichts auf. Kurz nach 19 Uhr kam die Minimarkt-Betreiberin. Hier gibt es fast alles. Ich habe mich mit Wasser, Obst und Gemüse für die nächsten Tage eingedeckt. Brot und Joghurt gab es leider nicht. Aber Brot sollte ich im Hauptort Kastri kriegen. Dort gibt es zwar sonst kein Geschäft, aber dafür den einzigen Bäcker auf der Insel. Gut, da werde ich morgen gleich mal hinwandern. Mit vielen leckeren Sachen bin ich zufrieden heimgegangen. Hmmmm!
Hier, wo ich wohne, ist es absolut ruhig. Ich höre das Meer rauschen, aber sonst ist es einfach nur himmlisch still. Ich sitze gerade im hellen Mondschein auf meiner Terrasse in dem Gefühl, hier völlig allein im Paradies zu sein. Gavdos abseits der Saison ist ein perfekter Ort für Leute, die das Alleinsein und die Stille lieben. Ich weiß, dass ich das nicht lange aushalten werde. Ich hab gern Menschen und Infrastruktur um mich herum. Aber für ein paar Tage ist das einfach nur traumhaft schön! Freu mich darauf, dieses wunderbare Inselchen in den nächsten Tagen näher kennenzulernen!
Mein hübsches Zimmer:
Επιτέλους, είμαι εδώ! 🙂
Ein paar Daten zu Gavdos: Die Insel hat eine Fläche von ca. 30 km2 mit einer maximalen Länge von etwa 9 km und einer maximalen Breite von etwa 5 km. Gavdos liegt im libyschen Meer, 35 km von Kreta entfernt und 250 km von der afrikanischen Küste. Rund 50 Menschen leben ganzjährig auf der Insel. Hauptort ist Kastri, hier gibt es sogar eine Schule, die von angeblich 3 Kindern besucht wird, eine medizinische Station, ein Postamt und eine Polizeistation mit einem Polizisten. In der Hauptsaison (Mitte Juni bis September) gibt es einen Bus, der zwischen den paar Inselorten verkehrt.